Europa und Afrika: Gemeinsam für die Digitalisierung

Innovationen der nächsten Generation

Digitale Technologien bedeuten neue Chancen für Wachstum und Wohlstand: Das ist in Europa nicht anders als in Afrika. In dem Projekt DIGILOGIC haben sich nun europäische und afrikanische Digital Innovation Hubs unter der Regie des Digital Hub Logistics aus Dortmund zusammengefunden, um Best Practices auszutauschen und voneinander zu lernen – im ersten paneuropäisch-afrikanischen Netzwerk mit einem Fokus auf intelligenten Logistiklösungen.  

BezoMoney sei nicht nur ein Produkt, sondern ein „Wachstumserlebnis“, beschreibt Mubarak Sumaila, CEO und Gründer des Start-ups, seine Vision für „Afrikas größtes gemeinschaftsbasiertes digitales Finanzinstitut“. Mit einer digitalen Plattform für Sparer will BezoMoney gerade auch den Ärmsten den sozialen Aufstieg ermöglichen. Um die Unterstützung benachteiligter Menschen in ihrer Heimat geht es vielen jungen Entrepreneuren in Afrika. Das Start-up Complete Farmer hat sich sogar nichts weniger vorgenommen, als „die Landwirtschaft in Afrika neu zu denken und allen Menschen verfügbar zu machen“, so CEO Desmond Konney. Auch das Start-up Shopa tritt an, um die Welt ein Stück weit zu verbessern: Menschen in entlegenen oder weniger entwickelten Regionen Afrikas sollen einen besseren Zugang zu Produkten des täglichen Bedarfs erhalten. Die drei Start-ups haben neben der gesellschaftlichen Dimension ihrer Unternehmen noch eine weitere Gemeinsamkeit: den Einsatz neuer, oft auch disruptiver Technologien.

Damit sind BezoMoney & Co. Paradebeispiele für die digitale Transformation in Afrika, die nun auch im Rahmen des Projekts DIGILOGIC vorangetrieben wird. Die Europäische Kommission hat für den Aufbau eines neuen „Netzwerks der Netzwerke“ – den Verbund von insgesamt fünf europäischen und afrikanischen Digital Innovation Hubs – eine Förderung von 1,9 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „So unterschiedlich die Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen in Europa und Afrika auch sind: Beide Kontinente stehen bei der Gestaltung der digitalen Transformation vor ähnlichen Herausforderungen“, so Thorsten Hülsmann, Manager des Digital Hub Logistics in Dortmund, der das Projekt koordiniert. „Deshalb ist es sinnvoll, Best Practices auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam etwas Neues aufzubauen, das unsere Unternehmen und Gesellschaften dann miteinander verbindet.“

Der Digital Hub Logistics hat sich in den vergangenen Jahren in Wissenschaft und Wirtschaft einen Namen mit ungewöhnlichen Innovationsansätzen gemacht, darunter das Konzept des „Start-ins“. „Start-ins“ sind Digitaleinheiten von Unternehmen, die außerhalb des Tagesgeschäfts an einem eigenen Standort und auch unter einem eigenen Namen in einem speziellen Innovationsökosystem (etwa in der Nähe von Universitäten, wissenschaftlichen Einrichtungen etc.) arbeiten und von einem Innovationscoach, der ihre Innovationsprozesse begleitet und steuert, unterstützt werden. Das Konzept wird im Digital Hub Logistics für Unternehmen erfolgreich umgesetzt.

Zudem hat der Hub einen überaus erfolgreichen Start-up-Wettbewerb ins Leben gerufen, der inzwischen immer mehr internationale Bewerber anzieht. Mit dem Gewinn der ersten Champions Challenge der europäischen Digital In­no­va­ti­on Hubs (DIH) 2019 wurde die europaweite Vorreiterrolle der Dortmunder für digitale Innovationen einmal mehr bestätigt.

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„Wir wollen sicherstellen, dass neue Technologien für Europa und

Afrika gleichermaßen positiv disruptiv sind.“

Thorsten Hülsmann, Digital Hub Logistics

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An der Meltwater Entrepreneurial School of Technology, kurz MEST, in Ghana, freut man sich über den Austausch mit den Innovationsexperten aus Deutschland. MEST, gegründet 2008 in Accra, ist einer der beiden afrikanischen Hubs im Projekt DIGILOGIC. Der andere ist BongoHive, der als Sambias erster Technologie- und Innovationhub 2011 seine Arbeit aufnahm. Die Landschaft der Innovationshubs in Afrika ist groß und vielfältig: Mehr als 600 solcher Inkubatoren für Technologie-Start-ups – vergleichbar den Hubs des deutschen dehub-Netzwerkes wie dem Digital Hub Logistics – gibt es dort heute. Die jungen Unternehmen spielen eine wesentliche Rolle für die digitale Transformation auf dem Kontinent. Während in den (wenigen) wirtschaftlichen Kraftzentren des Kontinents vornehmlich etablierte Unternehmen die Digitalisierung vorantreiben, sind es in Regionen, in denen die Infrastruktur noch nicht so weit entwickelt ist, insbesondere Start-ups.

MEST greift ihnen mit einem einjährigen Trainingsprogramm unter die Arme, gefolgt von Unterstützung und Mentoring durch das Hub-Netzwerk in ganz Afrika. So haben junge Unternehmerinnen und Unternehmer die Möglichkeit, ihre Kompetenzen zu erweitern, neue Fähigkeiten auszubilden und ihre Produkte weiterzuentwickeln. Mehr als 600 Entrepreneure hat das internationale Team in den vergangenen Jahren „ausgebildet“. Alle Mitglieder von MEST werden Teil der afrikaweiten Tech-Community und erhalten Zugang zum Netzwerk des Hubs. „Die Digitalisierung ist ein Booster für die Wirtschaft und ein Gamechanger für den gesamten Kontinent“, sagt Prasanth KumarDirector of Consultancy bei MEST. „Doch nicht überall kommt die digitale Transformation im gleichen Maß voran: Je nach Region sind wir in komplett unterschiedlichen Sphären unterwegs. Mit unseren Aktivitäten geht es uns deshalb nicht zuletzt darum, Lücken zu schließen und die digitale Kluft in Afrika zu überwinden.“

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„In der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung zu einer

Notwendigkeit geworden, um im Geschäft zu bleiben.“

Prasanth Kumar, MEST

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BezoMoney, Complete Farmer und Shopa sind dafür das beste Beispiel. Die drei Start-ups haben ihr digitales Handwerk bei MEST gelernt. Mit ihren Unternehmen setzen sie bereits auf moderne Kommunikationstechnologien, auf den Einsatz von Drohnen oder auf das Internet der Dinge. Mit der Partnerschaft mit Europa verbindet Toyin Dania, DIGILOGIC-Projektmanagerin bei MEST, nun den Transfer von neuem technologischem Wissen: „Der Trend, sich mit Europa zu vernetzen, ist noch jung. Und deshalb sind wir umso gespannter und interessiert daran, welche innovativen und disruptiven Systeme und Lösungen heute in Europa State-of-the-art sind oder gerade erforscht werden. Auch wenn Afrika in der Vergangenheit viele Technologiesprünge gemacht hat, gibt es Bereiche, in denen wir Jahre zurück sind. Deshalb nehmen wir alles auf, um uns besser zu positionieren.“ MEST-Director Prasanth Kumar verweist noch auf einen weiteren Aspekt bei der Digitalisierung: „Über die Technologien hinaus geht es uns auch um die Gestaltung von Prozessen und um Strategien.“

Die Sichtbarkeit neuer Technologien und ihrer Effekte, gerade auch im Hinblick auf die Vereinheitlichung und Standardisierung von Prozessen, wird derzeit wohl in kaum einer anderen Branche deutlicher als in den vielen Funktionsbereichen der Logistik, einer Schlüsselbranche für die Weltwirtschaft. In Europa trägt die Logistik nicht nur fast 15 Prozent zum europäischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei, sondern hat auch einen erheblichen Einfluss auf die Qualität des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors. Mit der Industrialisierung vieler afrikanischer Länder und dem Wachstum der Verbrauchermärkte ist die Logistik auch für Afrika zu einem Schlüsselsektor geworden. Experten des internationalen Thinktanks Briter Bridges unterstreichen so in ihrem Bericht „Digitising Logistis in Africa“ auch die Bedeutung von Technologien, die sich „nicht nur als praktisches Werkzeug zur Senkung von Management- und Betriebskosten erweisen, sondern auch als Möglichkeit, Marktlücken zu schließen – zum Beispiel die unzureichende Auslastung vorhandener Anlagen wie Lkw und Laderaum.“

Vor diesem Hintergrund setzt DIGILOGIC inhaltlich einen Schwerpunkt im Bereich Logistik. Damit kann der Digital Hub Logistics hier auch die Expertise eines seit vielen Jahren eingespielten Innovationsökosystems der Logistik einbringen, in das regelmäßig neue Partner aufgenommen werden. Weltweit renommierte Partner dieses Netzwerks sind die Technische Universität Dortmund mit mehreren logistikbezogenen Lehrstühlen sowie die Fraunhofer-Institute für Materialfluss und Logistik IML und für Software- und Systemtechnik ISST. Hinzu kommen auch die vielen Enterprise Labs, Initiativen und Großprojekte am Wissenschaftsstandort Dortmund, in denen ebenfalls neue Technologien entwickelt, erprobt und in die Praxis überführt werden – von Cloud Computing und Big Data über Augmented und Virtual Reality bis hin zu maschinellem Lernen, Künstlicher Intelligenz, Blockchain und intelligenten Transportsystemen. Im Innovationsökosystem finden sich Mitmach- und Unterstützungsangebote für Konzerne, mittelständische Unternehmen und Start-ups. „Ob in Europa oder in Afrika: Überall geht es darum, dass neue Technologien in der Wirtschaft auch wirklich ankommen“, sagt Thorsten Hülsmann. „Unsere Partner stehen nun bereit, den Einsatz neuer digitaler Systeme in der Afrikanischen Union zu begleiten und dabei auch von der viel beschworenen Agilität und dem Pragmatismus der jungen afrikanischen Entrepreneure aufzunehmen.“

Als eine der Stärken des Dortmunder Innovationsökosystems gilt, dass sämtliche Logistik-Lösungen immer mit Blick auf aktuelle ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen entwickelt werden. So könne sich die smarte Logistik gerade auch in Afrika auf vielen Ebenen auswirken, sagen die DIGILOGIC-Experten: geografisch von der Zustellung auf der letzten Meile in der Stadt bis zum regionalen und grenzüberschreitenden Handel und von der Frachtverschiffung bis zur Versorgung abgelegener Binnengebiete; wirtschaftlich für kleine landwirtschaftliche Erzeuger, informelle Händler und Großindustrien sowie gesellschaftlich durch die direkte und indirekte Schaffung von Arbeitsplätzen. Thorsten Hülsmann: „Unser Logistikbegriff ist weit gefasst: Er umfasst neben dem intelligenten Transport beispielsweise auch eine vernetzte Produktionslogistik, eine optimierte Intralogistik oder eine vorausschauende Instandhaltung, die in Afrika von besonderer Bedeutung ist.“ Genau diese Bereiche sind auch erfolgskritisch für internationale Investoren und Unternehmen, die sich im Wachstumsmarkt Afrika engagieren wollen.

Gleichzeitig beschäftigt sich der Digital Hub Logistics intensiv mit den strukturellen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die europäisch-afrikanische Zusammenarbeit. „Technologien verändern unser aller Leben, aber werden neue Technologien auch den afrikanischen Ländern nützen?“, fragt sich Hub-Manager Hülsmann. Im Rahmen internationaler Expertenrunden haben die Vertreter aller beteiligten Digital Innovation Hubs – neben dem Dortmunder Hub und den beiden afrikanischen Hubs auch der finnische Digital Innovation Hub Tampere (VTT) und der Digital Innovation Hub Friuli Innovazione (FINN) aus Italien – daher Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation ausgelotet. Viele davon sind nicht anders als in Europa und dem Rest der Welt, manche jedoch auch spezifisch für den Kontinent. Die Zerrissenheit des Kontinents beispielsweise erschwert die Zusammenarbeit und den Austausch über Ländergrenzen hinweg. Viele Länder treiben nicht einmal Handel miteinander. Das Ausmaß an Korruption und Bürokratie ist erschreckend. Last, but not least, bedarf es massiver Investitionen in die Infrastruktur: seien es Transportwege, Stromnetze oder auch das Internet. In puncto Digitalisierung allerdings stehen in Afrika eben jene Meta-Themen ganz oben auf der Agenda, mit denen sich aktuell auch Europa befasst – beispielsweise Fragen der Konnektivität, der Datensicherheit und Datensouveränität.

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„Die jungen Menschen in Afrika umarmen die digitale Welt, heißt es.

Unsere Partner vor Ort freuen sich darauf, mit uns gemeinsam

weiteres Wissen und Werkzeuge zu entwickeln und zur Verfügung

stellen zu können“

Darja Kramer, Digital Hub Logistics

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Als Möglichmacher der digitalen Transformation identifizieren die Projektpartner von DIGILOGIC dagegen Technologien und Bildung. E-Commerce und Elektromobilität sind aus Sicht der Experten zwei Bereiche, die Wachstum pushen. Mit den Ressourcen Afrikas – beispielsweise fruchtbaren Böden, Rohstoffvorkommen oder der Sonne – lassen sich ebenfalls Weichen für eine erfolgreiche Entwicklung stellen. Darüber hinaus steigt das Bewusstsein für Bildung auf dem Kontinent. Initiativen regionaler Handelskammern oder lokaler Wirtschaftsförderungen unterstützen Projekte von jungen Unternehmern mit individuellen Programmen auch unbürokratisch.

Das größte Kapital für die digitale Transformation aber sind die Menschen, vor allem junge Menschen: Bis 2050 wird es Afrika 362 Millionen Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren geben. „Gerade die jungen Leute heißen die Digitalisierung willkommen, teilen Informationen und wollen lernen: Auf dieses Mindset setzen wir: auf den Willen zur Veränderung“, sagt Darja Kramer, die das DIGILOGIC-Projekt beim Digital Hub Logistics in Dortmund als Spezialistin für Unternehmertum betreut. „Durch unser Innovationsökosystem haben wir nun die Möglichkeit, der nächsten Generation in Afrika sowohl das Wissen als auch die Werkzeuge zur Verfügung zu stellen.

Mit zahlreichen konkreten Aktivitäten will DIGILOGIC dafür sorgen, dass die Menschen in Europa und Afrika gleichermaßen mit der neuen digitalen Arbeitswelt verbunden werden. Denn um das Potenzial neuer Technologien zu nutzen, müssen Qualifikationen ständig aktualisiert werden. „Jungen Afrikanern fehlt allerdings oft der Zugang zu Technologien oder auch einfach ein Umfeld, in dem sie an digitale Technologien herangeführt werden“, weiß DIGILOGIC-Projektmanagerin Toyin Dania. Für die geplante interaktive eLearning-Plattform, die als ein Ergebnis des Projekts entstehen soll, sucht sie derzeit im gesamten Land geeignete Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Über die Plattform können Innovatoren und Entrepreneure Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote nutzen, sich vernetzen und Partner für Logistikprojekte finden – ein wichtiger Baustein dafür, dass Afrika seinem Ruf als aufstrebende „Entrepreneurial Society“ auch weiterhin gerecht werden kann. Toyin Dania jedenfalls wird alles daransetzen, dass die junge Generation in Afrika die nächste Generation von Softwareunternehmern wird.

Junge Menschen wie Mubarak Sumaila von BezoMoney oder Desmond Konney von Complete Farmer – die Wegbereiter der digitalen Zukunft Afrikas.

 

Weitere Informationen zum Projekt DIGILOGIC finden sie HIER.

 

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